21.08. - 07.09.2014 | |
17 Nächte | |
7'902 km |
Ostsibirien
Manny’s Fahrtauglichkeit nach seiner Herztransplantation wird an einem regnerischen Tag von der mongolisch-russischen Grenze erstmals über Stunden getestet und wir gelangen problemlos zum östlichsten Punkt unserer Reise, nach Ulan-Ude. Der viele Verkehr in Ulan-Ude ist kein Vergnügen und wir wenden Manny‘s Fahrtrichtung. Nun heisst es das erste Mal, ab nach Westen. Parallel zur Transsibirischen Eisenbahnlinie fahren wir entlang des Südostufers vom grossen Baikalsee nach Irkutsk. Das bananenförmige Gewässer ist mit seiner gigantischen Maximaltiefe von 1637 m der weltweit tiefste See. Vor der langen Heimfahrt quer durch Russland wollen wir dieses ostsibirische Highlight in vollen Zügen geniessen.
Erst aber heisst es vor einem der unzähligen Bahnübergänge möglichst viel von Manny’s herausspritzendem Kühlwasser zu retten. Ein Loch im Schlauch ist der Übeltäter, welches allerdings schnell geflickt ist. Unser nächstes Ziel ist, Manny sicher nach Irkutsk zu bringen und falls nötig mal wieder eine Toyota Garage aufzusuchen. Angeblich ist die Stadt die heimliche Hauptstadt Sibiriens und mit dem Fluss Angara, dem einzigen Ausfluss aus dem Baikalsee, und den alten Häusern ganz nett anzusehen. Wir quartieren uns im empfohlenen Hostel Mama ein. Während sich die Besitzerin Galina um unsere Registrierungen kümmert, stellen wir fest, dass Manny erneut etwas Kühlwasser verliert. Kein Grund zur grossen Sorge, eine neue Kühlwasserablassschraube löst das Problem schnell. Nach einem grandiosen Omelettenfrühstück bei Galina brechen wir auf zur 300 km entfernten Olchon Insel im Baikalsee. Vom Festland nach Olchon fährt zu unserer Freude eine kostenlose Fähre.
Ferien auf der Insel Olchon im Baikalsee
Olchon ist die grösste und einzige bewohnte Insel im Baikalsee. Die 70 km lange Insel ist mit Sandpisten ausgestattet. Ihr übles Wellblech bringt Manny zum Zittern und Klappern. Daher ist nicht an schnelles Vorankommen zu denken. Dies ist jedoch nicht weiter schlimm, da die Landschaft einfach atemberaubend ist und zum Verweilen einlädt.
Beim langsamen Durchqueren der Insel entdecken wir viele schöne Plätzchen. Von einer Hügelspitze aus sehen wir die für uns perfekte Bucht. Hier ist es schön. Wir verbringen die Tage mit Lesen, Baden, Insel erkunden, Bräteln, Waschen, fein Kochen, Faulenzen…
Westwärts durch Sibirien
Kaum haben wir mit der Fähre das Festland wieder erreicht, beginnt das grosse Kilometerfressen. Aufgrund der politischen Lage in der Ukraine haben wir unsere Route zurück nach Europa leicht abändern müssen. Wir werden Russland nördlicher verlassen, als eigentlich geplant. Da wir kein Visum für Weissrussland besitzen, steuern wir den Grenzübergang zu Lettland an.
Manny rollt und rollt und rollt… über die guten Strassen, vorbei an Birkenwäldern, Feldern und kleinen Dörfern. Erstaunlicherweise ist der 5. Gang noch nicht eingerostet und unser junger Knacker düst ab und zu mit 110 km/h (!) durch die Gegend. Im Eilzugtempo sind wir über Irkutsk, Novosibirsk und Jekaterinburg zum Ural gefahren. Nur kleine Gebrechen von Manny rauben uns hie und da wieder ein paar Fahrstunden. Das chronische Überbrücken am Morgen heilen wir mit zwei neuen Batterien, der öfters falschen Boardanzeigen gönnen wir am Strassenrand eine 5 minütige Pause und die nach einem Steinschlag immer weiter aufspringende Windschutzscheibe ist geflickt.
Über den Ural zurück nach Europa
Spricht man vom Ural, so kennt ihn jeder. Dieser 2400 km lange Gebirgsstreifen zieht sich von Norden nach Süden durch den mittleren Westen Russlands und markiert die Grenze zwischen Europa und Asien. Gespannt fahren wir mit Manny aus dem flachen sibirischen Tiefland auf die magische Grenze zu. Sanfte Kurven schlängeln sich dahin und hoppla, ist da ein Moment der Unaufmerksamkeit, schon liegt der Ural hinter einem. So ist zumindest im mittleren Ural der Gebirgszug keine grosse Herausforderung und für uns Schweizer eher ein hügliges mit Wäldern überwachsenes Gebiet. Nach 165 Tage Asien befinden wir uns nun wieder zurück auf dem europäischen Kontinent!
In Kungur besichtigen wir die Eishöhle. Wir schliessen uns einer kleinen russischsprachigen Gruppe an und steigen durch das kalte Loch hinab unter die Erde. Ausser ein paar Zahlen verstehen wir nicht viel, sind aber von dieser Unterwelt total beeindruckt: Eiskristalle, beleuchtete Eiszapfen, unterirdische Seen, schmale Gänge und breite Grotten und eine etwas aus der Zeit geratene Lichtshow am Ende des Rundgangs.
Für einen kurzen Moment stechen wir von unserer direkten Route ab und begeben uns durch das schöne, ländliche Gebiet mit einer tollen Landschaft zu einem ehemaligen Arbeitslager aus der Zeit vor dem Zerfall der Sowjetunion. Wir werden von einer Russin durch einzelne Gebäude der Gedenkstätte geführt. Nur schade, dass wir nichts verstehen und unsere Führung nach den ersten 5 Minuten stumm weitergeht. Da dieses Museum sehr schlecht gemacht ist und keinerlei historischer Hintergrund bietet wissen wir nicht mehr als vor der Führung. Es bleiben unzählige offene Fragen…
Wir rollen weiter und werden von Sebastian und Annina zum Nachtessen eingeladen. Klar, 200 km fahren um eine spontane Einladung zum Abendessen wahrzunehmen, wäre Zuhause wohl kaum vorstellbar. Aber hier im gigantischen Russland, warum nicht! Wir drücken auf das Gaspedal, erhalten unterwegs Dank der Zeitverschiebung zwei Stunden zurück und erreichen das Restaurant MASHIN beim letzten Dämmerlicht. Herzlichen Dank euch Zwei für den gemütlichen Abend und wir sehen uns in der Schweiz.
Nach jenem Abend liegen nur noch weniger als 2000 km zwischen uns und der russisch-lettischen Grenze und noch einmal etwas über 2000 km von dort zurück in die Schweiz. Mit den Weiten Sibiriens verglichen sind wir schon beinahe zuhause…
Rund 7000 km und gezählte 563 Lada Nivas nachdem wir in Irkutsk den Blinker gestellt und auf die Fernstrasse Richtung Westen eingebogen sind, kommen wir an die russisch-lettische Grenze.