Fahrzeug-Verschiffung (RoRo) von Seebrügge nach Halifax

Wie kommt unser Fahrzeug von Europa nach Kanada?

Unser Plan war es, nach der Überwinterung in Marokko unser Reisefahrzeug nach Nordamerika zu verschiffen und unsere Reise auf der Panamericana fortzusetzen. Aus unserer Reiseplanung heraus kam für uns als Ziel dieser Verschiffung eigentlich nur die kanadische Ostküste in Frage.

Nach einigen Abklärungen, ob es möglich ist, direkt von Marokko aus nach Kanada zu verschiffen, schlossen wir diese Möglichkeit wegen zu hohen Kosten und zu viel Bürokratie aus. Scheinbar wird das nicht oft gemacht.

Von westeuropäischen Häfen in Belgien, Deutschland oder der Niederlande werden jedoch viele Reisefahrzeuge verschifft. Dafür gibt es auch Agenten, die dich dabei unterstützen.

Für uns war also schnell klar, dass wir von einem dieser europäischen Häfen aus an die kanadische Ostküste per RoRo verschiffen wollen. RoRo steht für Roll-on-Roll-off und bedeutet, dass das Fahrzeug aus eigenem Antrieb auf das Schiff (die Fähre) gefahren und nicht in einen Schiffscontainer verladen wird. Preislich ist RoRo interessanter, was uns zu diesem Entscheid geführt hat.

Mit wem wollen wir verschiffen und wie viel kostet das?

Diese Frage haben wir uns zu Beginn der Reiseplanung auch gestellt. Über Seabridge haben wir schon vieles gelesen, wir wollten aber prüfen, ob es Alternativen gibt. Nach einer Internetrecherche bin ich auf Robert World Wide Shipping gestossen und habe da direkt mal angefragt. Preislich bekamen wir etwa die gleiche Antwort wie auf unsere Anfrage bei Seabridge, sogar eher noch etwas günstiger. Die Verschiffung kann wahlweise von Bremerhaven, Deutschland oder Seebrügge, Belgien nach Halifax, Kanada erfolgen.

Mit allen anfallenden Gebühren und Transportversicherung lagen wir für die Verschiffung unseres Land Cruisers (ca. 5.5×2.1×2.3 m3 LxBxH, ca. 2850 kg) von Seebrügge nach Halifax bei einem Total von rund 1’900 Euro. Für diese Verschiffung über Robert WWS haben wir uns dann auch entschieden.

Angaben zu Robert WWS:
Robert World Wide Shipping Ltd.
Robert J. van Straten, Frankeneng 65A, 6716 AA Ede, The Netherlands
www.robertwws.com, info@robertwws.com

Die Organisation der Verschiffung

Über das Kontaktformular auf der Webseite von Robert WWS nahm ich Kontakt auf und bekam nach der Angabe der Masse, dem Gewicht und dem Wert (relevant für die Transportversicherung) unseres Fahrzeuges eine Offerte.

Um den Vertrag abzuschliessen, brauchte Robert eine Kopie der Fahrzeugpapiere und des Reisepasses. Da es einmal wöchentlich eine Fahrt nach Halifax gibt, konnten wir wählen, welches Schiff wir nehmen wollten. Die Überfahrt dauert normalerweise 9-11 Tage.

Kurz darauf bekamen wir den unterschriebenen Vertrag mit allen Details und die Rechnung, welche zu 50% bei Vertragsabschluss und zu 50% fünf Tage vor der Verschiffung zu begleichen ist.

Das war alles, was wir machen mussten. Die notwendigen Papiere für den kanadischen Zoll würden wir zu gegebener Zeit per Email bekommen.

Es war echt unkompliziert und Robert konnte uns jede Frage direkt und schnell beantworten. Oftmals hatte ich das Gefühl, dass die Antwortemail innerhalb von zehn Minuten im Posteingang war, zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Ablauf im Hafen von Seebrügge

Bevor wir unser Fahrzeug am Hafen abgeben konnten, musst es aussen und innen gründlich von Schmutz, Sand und vor allem Erde gereinigt werden. Dies ist bei einem Reisefahrzeug, in dem man lebt und die letzten Monate im sandigen Marokko oft abseits befestigter Strassen unterwegs war, gar nicht so einfach.

Auf dem Campingplatz in Brügge haben wir jedes unserer Möbel ausgeräumt, den ganzen Inhalt und die Möbel selber gereinigt und wieder alles eingeräumt. An einer kostengünstigen, gut gelegenen Autowaschanlage (Koordinaten: 51.24241, 3.20239) mit kostenlosem Staubsauger haben wir das Fahrzeug innen komplett ausgesaugt und aussen gründlich gewaschen. Im speziellen haben wir darauf geschaut, dass wir möglichst allen Sand entfernen konnten. So gut es ging war das Fahrzeug danach sauber.

Am Terminal unserer Reederei «Wallenius Wilhelmsen Ocean» am Hafen von Seebrügge parkten wir Manny und gingen an den Schalter. Dort wurden wir nach der Buchungsnummer gefragt. Von Robert haben wir die vorgängig per Email bekommen. So fand die freundliche Frau am Schalter unsere Buchung und in kurzer Zeit war alles erledigt. Wir mussten nur noch alles aus dem Fahrzeug nehmen, was wir mit in die Schweiz bringen wollten, bevor wir den Fahrzeugschlüssel am Schalter abgaben. Das war alles, was wir in Seebrügge tun mussten.

Angaben zu Wallenius Wilhelmsen Ocean:
Wallenius Wilhelmsen Terminal, Qua 530, Zeebrugge, Belgium
Koordinaten: 51.31519, 3.23629

Zollformalitäten in Halifax

Um das Fahrzeug in Halifax abholen zu können, muss es zuerst bei den «Customs» ausgelöst werden. Bevor das möglich ist, müssen die Grenzschutz-Beamten am Hafen das Fahrzeug durchsucht haben können. Wann genau sie dazu kommen, ist schwierig abzuschätzen.

Nachdem wir einmal vergebens mit dem Bus zu den «Customs» gefahren sind, riefen wir sie am nächsten Tag vorgängig an, und fragten, ob das Fahrzeug bereist inspiziert wurde. Dies wurde bejaht und wir konnten hingehen und den Stempel abholen.

Mit der «Bill of Lading» und der «Notice of Arrival/Freight Invoice» konnten wir bei «Canada Customs» das Fahrzeug auslösen und bekamen Stempel auf die «Bill of Lading».

Angaben zu Canada Customs:
3139 Oxford Street, Halifax, NS, B3L 0B6, Canada
Tel. 902 426-2072
Koordinaten: 44.65534, -63.61038

Fahrzeug abholen im Hafen von Halifax

Mit dem Bus gingen wir direkt an den Hafen zum «Autoport», wo wir das Fahrzeug abholen konnten. Unmittelbar am Eingang des Gebäudes gaben wir die gestempelten Papiere bei der Sachbearbeiterin ab. Diese liess Manny vom gigantischen Parkplatz mit hunderten von z.T. noch in Folie gepackten Neufahrzeugen abholen und direkt vor den «Autoport» bringen.

Wir bekamen den Autoschlüssel zurück und konnten Manny auf dem Parkplatz besichtigen. Wir sollten ihn auf Schäden überprüfen, damit allenfalls die Reederei haftbar gemacht werden kann.

Von aussen sieht alles in Ordnung aus. Erst als wir den Innenraum genauer anschauten, viel uns etwas auf…

Angaben Autoport Halifax:
1180 Main Road, Eastern Passage, NS, B3G 1M4, Canada
Koordinaten: 44.62070, -63.50505

Der Diebstahl

Leider mussten wir feststellen, dass vieles aus unseren Möbeln gestohlen wurde. Von elektronischen Geräten über Ausrüstung bis zu Kleidung ist so einiges weg.

Einige Wochen haben wir damit verbracht, abzuklären, ob die Reederei für den Diebstahl haftbar gemacht werden kann. Leider scheint dies nicht der Fall zu sein… Die Versicherung, welche wir abgeschlossen haben, ist eine Transportversicherung, in der Schäden am Fahrzeug oder der Verlust dessen abgedeckt sind, allerdings nichts im Innenraum.

Robert WWS hat uns per Email gut unterstützt, uns dann schlussendlich aber doch abgespiesen damit, dass die Grossen in der Branche die Macht haben, sich nicht verantworten zu müssen… Er konnte uns nicht helfen.

Mit der Reederei Wallenius Wilhelmsen Ocean waren wir gar nicht zufrieden, was die nicht vorhandene Aufarbeitung des Diebstahls anbelangt. Teilweise mussten wir wochenlang auf eine Antwort warten, wenn denn überhaupt eine kam…

Wir sind der Meinung, dass wir einfach Pech hatten. Man hört Geschichten über Diebstähle aus Wohnmobilen und Expeditionsfahrzeugen bei Verschiffungen. Diese Fälle fanden dann aber eher auf Verschiffungen Europa – südliches Afrika oder Europa – Südamerika statt. Bei Verschiffungen von Europa nach Nordamerika liest man dies eigentlich nicht sehr oft.

Sehr viele Verschiffungen laufen ohne Probleme ab, wir haben jetzt einfach Pech gehabt. Dieses Pech hätten wir vermutlich auch mit jeder anderen Reederei haben können. Dies entschuldigt aus unserer Sicht den schlechten Kundenservice von Wallenius Wilhelmsen Ocean im Nachgang nicht.

Wir sehen das folgendermassen: Vor der Reise haben wir mit der Auflösung unseres Haushaltes 95% unseres Besitzes verschenkt und verkauft. Jetzt wurden uns weitere 2% geklaut. Uns bleiben also noch die letzten 3% und die reichen uns, um trotzdem nach vorne zu schauen und unser neues Leben unterwegs zu geniessen.

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cigogna
cigogna
30. Mai 2019 21:41

Ist Kollegen von mir bei der Verschiffung ihres Büslis von Europa nach Australien auch passiert. Fazit: In meiner Erfahrung ist das jetzt in 2/2 Fällen, die so was gemacht haben, geschehen…
Gute Weiterreise!

Fred
Fred
12. Januar 2020 19:39
Antwort auf  the roadhitters...

Unsere Erfahrungen: 1. Bremerhafen nach Halifax per RoRo einen T3 VW Westfalia mit angehaengtem Kippanhaenger -es wurde geklaut: der (nicht festgeschraubte) Ladeboden aus Siebdruckplatten und alles aus dem Auto was nicht festgeschraubt worden war (Tatort vermutlich Parkplatz Verladestation Bremerhafen.
2. Gleiches galt Bremerhafen-New York (VW T2, ) ALLES GEKLAUT (inkl. Schlafsaecke, Decken, Campinggeschirr)
3. Bremerhafen nach Halifax per (40 Fuss) Seecontainer: Tueren am Versendeort versiegelt zwei T4 Campingbusse. Container wurden von Subunternehmer («Maritime Ontario») der kanadischen Zollbehoerde zum abgesperrten Zollterminaltransportiert (auf unserer Kosten) transportiert. Dort wurde das Siegel entfernt, die Privatfirma hat ohne Zollaufsicht in einer Halle den Containerinhalt ausgepackt, nach Zollinspektion wieder in den Container gepackt. Bei Uebernahme waren an beiden Fahrzeugen Karosserieschaeden in Hoehe von CAD $3500 vorhanden, ein Blaupunktautoradio war gestohlen und es fehlten einige Privatgegenstaende mit potentiellem Verkaufswert in Nova Scotia. Trotz Hilfe eines renomierten Anwaltsbueros aus Halifax und Anzeige bei der Hafenpolizei sind wir auf dem Schaden «sitzengeblieben».
4. Containerbeiladung eines befreundeten Paares London (GB) nach HFX: Nach Zollinspektion wertvolles Porzellangeschirr z.T. verschwunden, Versender ist Rechtsanwalt in GB, hat keinen Schadensersatz erhalten.
Alles in allem laesst sich sagen: Die Beschaffung und Verwertung von auf dem Seeweg transportierten Privatgegenstaenden wird von gut vernetzten kriminellen Banden organisiert.
Empfehlung: Moeglichst wenig im Fahrzeug belassen, das Radio/GPS ausbauen